Mein Name ist Vanessa, ich bin 29 Jahre (bald 30) und wurde dieses Jahr endlich mit dem hypermobilen Ehlers Danlos Syndrom diagnostiziert.
Normalerweise geht es hier um Bücher, nur in meiner Instagram-Story erzähle ich euch manchmal etwas über meine chronischen Erkrankungen. Anlässlich zum EDS-Awareness Month und meiner Diagnose, die ich nun nach vielen Jahren endlich bekommen habe, möchte ich aber gern auch hier etwas dazu posten.
Dazu habe ich euch Anfang des Monats in meiner Story die Möglichkeit gegeben, mir ein paar Fragen zu stellen. Wenn ihr noch irgendwas wissen möchtet, egal ob zu mir oder zu EDS im Allgemeinen, könnt ihr in den Kommentaren gerne noch weitere Fragen stellen.
Was ist EDS überhaupt?
Kurzer Disclaimer: Falls ich etwas Falsches sagen sollte, tut es mir Leid und korrigiert mich bitte. Ich kann natürlich nur von dem Schreiben, was ich mir in den letzten Jahren selbst angelesen habe und wie ich das alles verstanden habe.
EDS ist eine Gruppe von erblich bedingten Bindegewebserkrankungen und zählt zu den seltenen Erkrankungen. Insgesamt sind 13 verschiedene Typen bekannt, die in der Häufigkeit variieren. Die meisten davon lassen sich über eine genetische Untersuchung bestimmen.
Zu den Erkennungsmerkmalen gehören zB überdehnbare Gelenke und eine überdehnbare Haut aber auch Gefäße, Muskeln, Bänder, Sehnen und sogar die inneren Organe können betroffen sein.. eben im Prinzip alles, wo sich Bindegewebe befindet.
Es gibt eine Vielzahl an möglicher Symptome, von beispielsweise Kardiologie über Orthopädie/Rheumatologie, Neurologie, Magen-Darm-Probleme bis hin zu zahnmedizinischen Beschwerden.
Es gibt keine Heilung.
Was sind meine Symptome und wie war der Weg zur Diagnose?
Ich habe wie gesagt den hypermobilen Typ, was soweit ich weiß die häufigste Form ist. Zu meinen wichtigsten Symptomen zählen unter anderem die überdehnbaren Gelenke, ununterbrochene starke Schmerzen, ich habe oft blaue Flecken, eine gestörte Narbenbildung, Fatigue/Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerzen/Migräne.. an der Stelle könnte ich noch ewig weitermachen, ich belasse es aber nun dabei.
Es ist eine sogenannte dynamische Erkrankung, das heißt jeder Tag ist von den auftretenden Symptomen und der Intensität anders. An manchen Tagen brauche ich einen Rollstuhl, an anderen kann ich das Bett kaum verlassen und wieder an anderen brauche ich keine Hilfsmittel. Schmerz- bzw symptomfrei bin ich nie.
Bewusst sind die ersten Symptome bei mir im Alter von ungefähr 11-12 Jahren aufgetreten. Wie es in meiner Kindheit aussah.. weiß ich tatsächlich gar nicht so genau. Wenn ich mich zurückerinnere, kann ich mit meinem jetzigen Wissen auf jeden Fall Anzeichen erkennen. Dieses Jahr werde ich 30, es hat also fast 20 Jahre gedauert, bis ich endlich die richtige Diagnose bekommen habe.
Zu meinen ersten Symptomen zählten starke Schmerzen und Magen-Darm-Probleme, die sich keiner so richtig erklären konnte. Relativ früh wurden mir tatsächlich schon die hypermobilen Gelenke diagnostiziert und ich wurde jahrelang immer und immer wieder auf Rheuma untersucht. Ich wurde von einem Arzt zum nächsten geschleppt, war in verschiedenen Kliniken.. immer mit dem gleichen Ergebnis - es sieht alles normal aus.
Also.. wurde es auf meine Psyche und mein Übergewicht geschoben. Ich kann euch gar nicht sagen, wie oft ich mir irgendwelchen erniedrigenden und diskriminierenden Mist anhören musste.
Ich habe also selbst angefangen zu recherchieren und bin vor einigen Jahren auf EDS gestoßen. Die Symptome passten perfekt, ich habe mich überall wiedererkannt. Leider wurde meinem Verdacht nie so wirklich nachgegangen. Im besten Fall kannten die Ärzte das überhaupt nicht oder haben es abgetan, im schlechtesten Fall wurde behauptet, dass ich das unmöglich haben kann, da das nur große und schlanke Menschen haben könnten und weitere Sprüche in dieser Art.
Über Threads bin ich dann vor einigen Monaten auf einen Arzt in meiner Nähe gestoßen und habe dort einen Termin gemacht. Schon beim vorhergehendem Videogespräch, bei dem all meine Symptome und noch einige weiteren relevanten Dinge abgefragt wurden, habe ich mich super aufgehoben gefühlt. Der Termin Vorort.. ich kann euch gar nicht beschreiben, wie sich das angefühlt hat. Ich wurde ernst genommen, der Arzt war unheimlich freundlich und als er dann sagte, dass alles passt.. bin ich in Tränen ausgebrochen vor Erleichterung. Selbst einige Tage danach sind mir noch ständig aus dem Nichts Tränen gekommen und ich konnte es kaum glauben. Auch während ich das hier Schreibe könnte ich schon wieder heulen.
Neben der Erleichterung ist da aber auch Wut. Ganz viel Wut darüber, dass ich so lange nicht ernst genommen wurde, dass ich mir ständig anhören durfte, dass ich doch nur zu fett wäre. Die Frage, was wäre wenn ich vor einigen Jahren schon diagnostiziert worden wäre. Würde ich dann jetzt trotzdem den Rollstuhl brauchen? Die ganzen anderen Hilfsmittel? Die starken Schmerzmittel, die kaum Linderung bringen? Das wird mir wohl niemand sagen können.
Wie wird EDS diagnostiziert? Welche Untersuchungen?
Die meisten EDS Typen lassen sich über eine genetische Untersuchung feststellen, dafür wird also einfach nur eine Blutprobe genommen.
Der hypermobile Typ, den ich habe, wird aktuell über das klinische Bild, also die Symptome diagnostiziert. Dafür gibt es eine Liste an Kriterien, die erfüllt werden müssen. Alle kann ich davon an dieser Stelle nicht aufzählen, das würde komplett den Rahmen sprengen.
Bei mir wurde sich beispielsweise die Haut angesehen, also ob diese besonders weich/samtig ist, sich überdehnen lässt, wie meine Narbenbildung aussieht, ob ich schnell blaue Flecken bekommen. Die Überdehnbarkeit meiner Gelenke wurde anhand des sogenannten Beighton-Scores überprüft, meine Fersen wurden sich angeschaut und mir wurde kurz in den Mund geguckt.
Es wurden Fragen zu meiner Familie und meinen anderen Symptomen gestellt.
Was war das wichtigste Symptom, das deine Ärzte übersehen/nicht ernst genommen haben?
Mh.. das kann ich gar nicht so richtig beantworten. Von den meisten Ärzten wurde ich einfach grundsätzlich nicht ernst genommen, da ich jung, weiblich und zu dick bin. Vieles wurde auf meine Psyche und das Gewicht geschoben, über meine hypermobilen Gelenke wurde sich teils lustig gemacht („Die kann im Zirkus auftreten!“). Es gab nur sehr wenige Ärzte, die mich wirklich ernst genommen haben - und dann mit all meinen Symptomen.
Worunter leidest du besonders und was hat dir bisher am besten geholfen?
Auch das lässt sich nicht so leicht beantworten, da es eine Kombination aus.. allem ist. Am schlimmsten sind für mich aber eindeutig die Schmerzen und die Fatigue/Erschöpfung. Geholfen.. hat mir bisher nichts so wirklich. Gegen die Fatigue habe ich noch gar keine Lösung und selbst mit starken Schmerzmitteln, die ich täglich nehme, sind die Schmerzen nicht in den Griff zu kriegen.
Warum das Zebra?
„Wenn du Hufschläge hörst, denk an Pferde, nicht Zebras.“
Das ist ein Sprichwort aus der Medizin und besagt, dass man bei der Diagnose vorrangig an die häufigen Erkrankungen (Pferde) denken sollte und nicht an die seltenen Erkrankungen (Zebras). Deswegen ist das Zebra auch das Symbol für seltene Erkrankungen.
Allerliebste Grüße,
Vanessa ♥